Gerade hat die SSB angekündigt, dass die Sperrung der Tunnel an der Haltestelle Staatsgalerie nicht wie angekündigt im August wieder aufgehoben werden soll sondern erst im Dezember 2017. Deshalb werden die drei Linien U1, U2 und U4 zusätzlich zu den bestehenden Linien U9 und U14 vier weitere Monate vom Stöckach über den Hauptbahnhof fahren müssen. Der Haptbahnhof ist damit momentan die einzige große Umsteigehaltestelle im SSB-Netz. Der Verkehr von 10 Linien, der sich bis zur Sperrung auf die Haltestellen Charlottenplatz und Hauptbahnhof verteilte, ist jetzt am Hauptbahnhof zusammengeführt. Der Netzplan der SSB ist hier zu finden. Wer den Talkessel längs oder quer kreuzen möchte muss über den Hauptbahnhof fahren. Lediglich der Verkehr von den Fildern in den Stuttgarter Süden und umgekehrt kann weiterhin am Charlottenplatz umsteigen.
Damit rächt sich jetzt, was seit Jahren bereits bei der S-Bahn kritisiert wird: Die fehlenden Tangentialverbindungen und die Konzentration auf eine (S-Bahn) bzw. zwei Stammstrecken (SSB). Als Stammstrecke in einem Verkehrssystem wird die Strecke bezeichnet, die wie der Stamm eines Baumes den Kern bildet und damit den Hauptanteil des Verkehrs trägt.
Das Fehlen der zweiten großen Umsteigeummöglichkeit führt dazu, dass die Bahnsteige und die Züge am Hauptbahnhof morgens und abends im Berufsverkehr brechend voll sind – teilweise sogar so voll, dass Fahrgäste nur im Tippelschritt aus dem Zug aussteigen können, weil die Menschenmassen auf dem Bahnsteig, die einsteigen wollen, ein geordnetes „Abfließen des Personenstromes“ hin zu den Treppen und Aufgängen gar nicht zulassen. Dadurch verzögert sich der Fahrgastwechsel und der Zug steht länger als geplant am Bahnsteig. Nach dem Fahrplan braucht man da nicht mehr zu fragen.
Statt tangentiale Verbindungen zu schaffen wird das Netz der SSB immer weiter in das Umland verlängert, die Verlängerung der U6 zum Flughafen ist beschlossen, verzögert sich aber und die Verlängerung der U13 zum S-Bahnhof Weilimdorf wird aktuell geprüft. Hier eine Mitteilung der SPD im Bezirksbeirat Weilimdorf zu dem Thema, verschiedene Streckenabschnitte sind in der Diskussion. Das klingt zunächst einmal gut, immer mehr Menschen haben so direkten Zugang zum SSB-Netz und können damit – anstatt mit dem Auto – zur Arbeit oder zu Freizeitaktivitäten fahren.
Da aber die Tangentialverbindungen fehlen und viele Linien über das Stadtzentrum fahren, ist das Netz nicht attraktiv genug für diejenigen, die nicht einem Linienverlauf folgen können und umsteigen müssen. Außerdem konzentriert sich so der Verkehr im Zentrum (siehe oben).
Und der unnötige Umbau der Haltestelle Staatsgalerie für S21 bindet zu viele finanzielle Mittel, die für nötige Verbindungen besser ausgegeben worden wären.
Aktualisierung 09.02.2017: Die heutige Betriebsstörung um 7 Uhr im Berufsverkehr hat zu einem ziemlichen Verkehrschaos in Stuttgart geführt. Die StZ schreibt dazu im VVS-Störungsmelder ziemlich lapidar (abgerufen um 19 Uhr):
Weitere Meldungen gibt es dazu nicht. Zwischenfälle passieren, aber das Krisenmanagement zeigt, wie gut – oder eben schlecht – Prozesse funktionieren.
Zu erheblichen Verärgerungen der Fahrgäste führte zum Beispiel, dass die Bahnen auf der Ost-West-Strecke von Stöckach zum Berliner Platz nicht wenigstens bis zum HBF fuhren um dort umzudrehen. Zwischen Börse und Berliner Platz sind laut Open Streetmap Wendeweichen eingebaut. Wenn die Störung dahinter stattgefunden hat, dann hätten die Züge eigentlich sogar bis Börse durchfahren können (sollen). Stattdessen sind ganze Linien ausgefallen und die Bahnen kamen im ca. 10 Min. Takt am Stöckach an. Zusätzlich verschärft wurde die Situation durch die aktuelle Linienführung der U4, die am Neckartor endet und zurück nach Untertürkheim fährt. An normalen Tagen führt das schon dazu, dass die nachfolgenden Bahnen „rappelvoll“ sind, heute kamen noch die aufgrund der Ausfälle wartenden Passagiere dazu. Krisenmanagement sieht anders aus.
Dieser Zwischenfall macht deutlich, wie anfällig der Stuttgarter ÖPNV ist und dass bei der kleinsten Störung das gesamte System kollabiert. S21 hätte unter diesen Umständen so nicht gebaut werden dürfen, da die Baustelle zu erheblichen Behinderungen im Netz der SSB und der S-Bahnen führt, die das eh schon anfällige System weiter schwächen.