Vor ein paar Tagen wurde die Meldung publik, dass der ACE (Autoclub Europa) eine Initiative gestartet hat, damit die Umweltzonen abgeschafft werden.
Was ist davon zu halten?
Laut Wikipedia ist die Umweltzone ein
geographisch definiertes Gebiet – meist in städtischen Ballungsräumen–, das nur den Zugang von bestimmten, als schadstoffarm gekennzeichneten Fahrzeugen erlaubt und als Ziel die Verbesserung der Luftqualität hat.
[…]
Umweltzonen sollen die Feinstaubbelastung an Orten, wo sie besonders hoch ist, lokal senken.
Die Abschaffung der Umweltzone kann also – aus Sicht der Anwohner an stark belasteten Straßen – nur erfolgen, wenn das Ziel der Verbesserung der Luftqualität erreicht wurde.
Wurden diese Ziele erreicht?
Für München spricht das Referat für Umwelt und Gesundheit im Zusammenhang mit den Umweltzonen von einer positiven Wirkung auf die Luftqualität. Aufgrund von Störfaktoren wie der allgemeinen Wetterlage könne man aber keine genauen Aussagen machen. Auch für Berlin spricht die Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz von einer Verbesserung für die Berliner Luft.
Eine von den Autoherstellern finanzierte Auswertung der offiziellen Münchner Messdaten geht dagegen von keinem Effekt der Umweltzone auf die Luftqualität aus. Es handelt sich hier, wie geschrieben, um die gleichen Zahlen, die das Münchner Referat auch vorliegen hat.
Auch im Artikel der Mainpost (oben) wird die Behauptung (vermutlich basierend auf der Initiative des ACE) aufgestellt, dass die Umweltzonen anfänglich zwar eine Erfolgsgeschichte gewesen seien, dass der weitere Nutzen aber zweifelhaft sei (siehe Verknüpfung oben), denn es erfüllten fast alle Autos die Voraussetzungen, um Umweltzonen befahren zu dürfen.
Aus Sicht der Anwohner am Stuttgarter Neckartor ist der Nutzen der Umweltzone in Stuttgart ganz gewiss zweifelhaft. Hier ein Bild von unserer Feinstaub-Demo aus dem Jahr 2009.Siehe auch unseren Bericht mit dem Titel „Versagt“ zu den wieder angestiegenen Luftschadstoffwerten für den Messpunkt Neckartor.
Aber woher kommen diese gravierenden Unterschiede in den Ansichten über den Erfolg der Umweltzonen?
Die Initiative vom ACE bzw. überhaupt die Diskussion über die Umweltzone übersieht folgende Dinge:
- Es sind noch längst nicht alle Fahrzeuge auf dem derzeitigen Stand der Plaketten (Grüne Plakette) angelangt. Vor allem auf dem Land – außerhalb der Ballungszentren – fahren noch viele Fahrzeuge mit roten Plaketten – oder ohne Plakette – rum. Und es gibt so viele Ausnahmen: Polizei, THW, Rettungswagen, Fahrzeuge für den Straßenbau, Fahrzeuge für Ver- und Entsorgung der Städte und Kommunen (=Müllwagen), …. müssen keine Anforderungen hinsichtlich der Umweltzone erfüllen. Einige Fahrzeuge erfüllen inzwischen diese Anforderungen weil die alten Stinker sowieso irgendwann ausgetauscht wurden, aber ein Zwang zum Tausch besteht nicht.
- Die derzeitige grüne Plakette muss bzw. kann nicht das Ende der Fahnenstange sein. Die blaue, rosa-farbene und die lila-farbene Plakette mit weiteren Grenzwertverschärfungen werden kommen (müssen). Vielleicht werden sie auch andere Farben haben. Aber Grün ist sicher nicht das Ende. Die Frage ist nur, wann sie kommen.
- Die bisherigen Maßnahmen zur Reduzierung haben nicht das gebracht, was man erreichen wollte. In anderen Städten mag die Umweltzone ein Erfolg sein, weil die äußeren Bedingungen dies so zugelassen haben. Aber in Stuttgart ist die Umweltzone kein Erfolg. Hier gibt es keinen frischen Wind, der den Dreck einfach wegbläst. Wir haben hier einen Talkessel und darin sind wir „gefangen“. Das Verkehrsaufkommen in anderen Städten ist ähnlich oder sogar höher als das am Stuttgarter Neckartor. Aber hier wird der Dreck aufgrund der geologischen Umstände im Talkessel gehalten. Diese geologischen Umstände dürfen aber nicht als Entschuldigung dienen, die Grenzwerte der Luftschadstoffe weiterhin zu überschreiten. Ob Wind oder nicht, das Grundproblem bleibt das Gleiche und wird nicht angetastet.
Aber was kann dann die Lösung sein?
Die Lösung ist leider nicht einfach und nicht innerhalb von Tagen oder Wochen umsetzbar. Dafür wurde in den letzten Jahren und Jahrzehnten zu viel kaputt gemacht. Die falsch gestellten Weichen müssen in einem langwierigen Prozess wieder zurückgestellt werden. Hier einige Forderungen aus unserem Brief an OB Kuhn:
- Förderung der wohnortnahen Versorgung, keine protzigen Einkaufszentren im Stadtgebiet.
- Förderung von ÖPNV und Radverkehr.
- Rückbau von Straßenraum zugunsten von anderen Verkehrsformen.
- Abbruch der Bautätigkeiten S21 und Rosensteintunnel
Das ist sicher nicht der Weisheit letzter Schluß aber konsequente Fortführung der Forderung von Dr. Reuter nach Reduzierung des innerstädtischen Verkehrs um 50% um eine Verbesserung der Luftqualität zu erreichen.