Der Krieg der Einkaufszentren Teil III


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Die großen Mitspieler in diesem Krieg sind natürlich die Betreiber der Einkaufszentren. Es gibt aber auch noch andere Parteien, dazu gehört unter anderem auch die CIS, City-Initiative Stuttgart mit ihrem Geschäftsführer Hans H. Pfeifer. Die City-Initiative ist ein Lobby-Verein der Stuttgarter Einzelhändler, wenn man sich die Mitgliederliste der CIS anschaut, dann wird man aber feststellen, dass „nur etwa ein Drittel alteingesessene Einzelhändler“ (Kontext) sind. Der Rest besteht aus „großes Kapital und renditeorientierter Kommerz („starke Wirtschaftspartner“, laut Pfeifer), darunter auch potente Investoren, deren millionenschwere Projekte im Stuttgarter Talkessel den Segen des Gemeinderats benötigen.

So ist die Phoenix Real Estate Development GmbH ein in Immobilienkreisen sehr bekanntes CIS-Mitglied. Nach verschiedenen Projekten im näheren Umfeld der Einkaufsmeile Königstraße realisieren die Frankfurter derzeit im Auftrag eines weiteren CIS-Mitglieds, nämlich der Württembergischen Lebensversicherung AG, das neue Stadtquartier Gerber. 250 Millionen Euro kostet das Shopping-, Büro- und Wohncenter, das am südwestlichen Rand der Innenstadt einen ganzen Quartiersblock umkrempelt. Dass die wichtigsten Weichen für das Gerber schon vor Pfeifers Ratswahl gestellt wurden, mag als Entlastung von einem Befangenheitsvorwurf gelten (Kontext).

Weiter in Kontext: Doch mit dem Dorotheen-Quartier steht aktuell ein weiteres innerstädtisches Megaprojekt auf der Agenda des derzeitigen Gemeinderats. Rund 200 Millionen Euro will das traditionsreiche Handelsunternehmen Breuninger hinter seinem Stammhaus am Karlsplatz in das neue Quartier verbauen. In der Vorplanungsphase gelang es den Räten nur mit Mühe, den Flächenhunger des Unternehmens von 49.000 auf stadtbildverträglichere 38.000 Quadratmeter zu zügeln. Dabei kann Pfeifer beim Dorotheen-Quartier eigentlich nur schwer eine unbefangene Figur machen, wird hinter vorgehaltener Hand im Rathaus getuschelt. Denn Breuninger gilt als eines der einflussreichsten CIS-Mitglieder. Auf der Homepage der Initiative wird das Handelshaus als Sponsor geführt, Breuningers „Sonderbeauftragter“ Helmuth H. Bohnenstengel ist stellvertretender CIS-Vorstand. Pfeifer sagt: „Ich weiß nicht, wo Sie da einen Zusammenhang herstellen.“ Er halte sich ja immer da raus, wo man eine „offensichtliche Liaison herstellen könnte“. Aus der grünen Ratsfraktion heißt es schon fast entschuldigend: „Es erschwert eben die Zusammenarbeit, würde man dem Pfeifer etwas sagen.“ 

Kuschen und wegducken, das scheint die neue grüne Strategie zu sein.

Weiter in Kontext:

Dabei gebe es Gelegenheit genug, mit deutlichen Worten den Genossen Pfeifer an einen Grundsatz korruptionsfreier Politik zu erinnern, nämlich als Amtsträger schon von vornherein jeglichen Anschein von Befangenheit zu vermeiden. Denn zur City-Initiative gehören auch Stadtmöblierer wie Klett-Decaux und Stöer Deutsche Städte Medien, die sich vor kurzem vor dem Gemeinderat einen heftigen Bieterwettkampf um die Aufstellung von Werbetafeln auf städtischem Grund lieferten. Mit Banken, Immobiliengesellschaften und Parkhausbetreibern stehen weitere Unternehmen im CIS-Register, deren Geschäfte auch immer wieder im Stadtrat zur Sprache kommen. 

Weiter in Kontext: Interessenskonflikte sind für Pfeifer auch programmiert bei der künftigen Energie- und Wasserversorgung der Landeshauptstadt, die durch Gründung eigener Stadtwerke zumindest teilweise wieder in kommunale Hände gelangen soll: Beim Poker um die lukrativen Versorgungsnetze sitzt das CIS-Mitglied EnBW mit am Tisch, Pfeifer selbst vertritt die SPD im Stadtwerke-Aufsichtsrat. Pfeifer: „Ach du lieber Himmel.“ Das sei übrigens ironisch gemeint. Nein, da sehe er kein Problem. 

Die CIS steht nicht nur für eine fragwürde Verquickung von Managerposten und Mandatsträger, sondern auch für eigenartige Verflechtungen zwischen Stadt und Privatwirtschaft. So ist nicht nur die Landeshauptstadt ein CIS-Mitglied, auch städtische Eigenbetriebe wie die Abfallwirtschaft (AWS) und Märkte Stuttgart sowie das städtische Tochterunternehmen Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) sind als Mitglieder gelistet. Deren Mitgliedsbeiträge tragen dazu bei, dass die städtische Finanzierung des Vereins tatsächlich höher als der offizielle städtische Förderbetrag von 90.500 Euro ist. 

Auch juristisch bewegt sich Hans H. Pfeifer auf schlüpfrigem Terrain. Da er als Ratsmitglied die Interessen der Stadt zu vertreten hat und als CIS-Geschäftsführer die Interessen seiner Mitglieder, stellte der Reporter von Kontext die Frage nach einem Interessenskonflikt. Herr Pfeifer sieht da kein Problem.

Weiterhin sind die DB Regio und das Turmforum mit der S21-Ausstellung zahlende Mitglieder in der CIS. Als Citymanager mahnt er regelmäßig, dass die ständigen Demos (der Parkschützer) gegen das unterirdische Milliardenprojekt nicht nur den Verkehr, sondern auch die Handelsumsätze zum Erliegen bringen. Pfeifer ging gar soweit, den Protest als Gefahr für den Wirtschaftsstandort zu geißeln. Was wiederum die beiden Stuttgarter Tageszeitungen gern abdruckten, die – wen wundert?s – ebenfalls in der CIS engagiert sind. Doch als zuletzt im Zuge der S-21-Bauarbeiten Intercitys entgleisten, Fernzüge tagelang um Stuttgart herumfuhren, das gesamte S-Bahn-System aus dem Takt geriet und Pendler wie Besucher oft nur auf zeitraubenden Umwegen in die Einkaufs- und Erlebnisstadt Stuttgart kamen – dazu schweigt der doppelte Pfeifer eisern.

Damit kann vermutet werden, dass Herr Pfeifer auch ein vehementer Unterstützer des Rosensteintunnels ist. Nur aus welcher Sicht, als CIS-Geschäftsführer oder als Stadtrat?

Quelle: Kontext Wochenzeitung vom 2.1.2013

2 Antworten zu “Der Krieg der Einkaufszentren Teil III

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